Fotocredit: Soheil Honarmand
Der Paradieshof
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Der Paradieshof gehört der Stadt Frankfurt, steht seit 2008 leer und verfällt. Die Initiative Project Shelter möchte darin ein selbstverwaltetes migrantisches Zentrum verwirklichen. Doch das verweigert die Stadt Frankfurt. Die Auseinandersetzung um den Paradieshof steht stellvertretend für die Kämpfe um eine Stadt für alle. Sie zeigt den Widerspruch zwischen Obdachlosigkeit und Leerstand – und wie dies mit Rassismus verstrickt ist: Zum Beispiel sorgt das Aufenthaltsgesetz dafür, dass viele Menschen, die neu in Frankfurt ankommen, ohne Meldeadresse und Erlaubnis des Arbeitsamts keinen Job annehmen dürfen. So werden sie systematisch in die Obdachlosigkeit gedrängt.
Warum ist ein selbverwaltetes Zentrum so wichtig? Warum ist das besonders in Zeiten einer Pandemie entscheidend? Wofür kämpft Project Shelter noch? Das Video dokumentiert eine Aktion der Initiative im Mai 2020 und fängt Stimmen von Aktivist*innen und Unterstützer*innen ein:
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Ohne Wohnung, kein Job – ohne Job, keine Wohnung
Obwohl auch in einer Stadt wie Frankfurt viele Häuser leer stehen, müssen Menschen dauerhaft auf der Straße leben. Und selbst in den Notunterkünften gibt es oft nicht genügend Plätze. Verstärkt wird dies noch durch rassistische Ausgrenzung: Viele Menschen, die aus dem europäischen und außereuropäischen Ausland nach Frankfurt kommen, sind von den meisten Sozialleistungen ausgeschlossen. Ohne Job können sie sich keine Wohnung leisten, ohne eine Wohnung keinen Job annehmen — denn dazu brauchen sie eine offizielle Meldeadresse (mehr dazu in den Stationen zur Ausländerbehörde und Arbeiten in Frankfurt).
Den Kreislauf der Obdachlosigkeit durchbrechen
Durch diesen Kreislauf sind viele Menschen, die nach Frankfurt migrieren, permanent von Obdachlosigkeit bedroht. Daher haben die Aktivist*innen von Project Shelter eine solidarische Praxis entwickelt, sich gegenseitig bei der Unterbringung, Jobsuche und Behördengängen zu unterstützen. Das zentrale Problem für neu ankommende Menschen – fehlender Wohnraum und keine Meldeadressen – lässt sich aber ohne ein Haus nicht lösen. Ein selbstverwaltetes Zentrum ist zumindest ein erster Schritt, um den Kreislauf zu durchbrechen. Denn durch ein offenes Stadtteil-Café, Wohnmöglichkeiten, Beratungsangeboten, Gruppenräume, Deutschkurse und Veranstaltungen kann für viele Menschen ein wichtiger Anlaufpunkt entstehen. Das Zentrum könnte darüber hinaus ein Ort werden, sich politisch weiter zu verbünden. Denn Project Shelter und viele andere politische und solidarische Gruppen kämpfen für eine Stadt für alle, gegen rassistische Gesetze wie die Vorrangprüfung, Ausbeutung am Arbeitsplatz, Abschiebungen und racial profiling.
Stadtteile “aufwerten” heißt Menschen ausschließen
Dass der Paradieshof stattdessen weiterhin leer steht, hat einen Grund: Das Ziel der Stadt ist, das Gebäude und das umliegende Kneipenviertel “aufzuwerten”. Aufwertung bedeutet in erster Linie, Stadtviertel für vermögendere Schichten und Immobilieninvestor*innen attraktiver zu machen. Dabei werden Menschen mit weniger Einkommen verdrängt. Um die Aufwertung zu erreichen, werden beispielsweise Gebäude modernisiert, Mietwohnungen in Eigentumswohnung umgewandelt und Image-Werbung für den Stadtteil betrieben. Das Ergebnis: Die Immobilien und Grundstücke gewinnen an Wert und es lässt sich mehr Profit aus den steigenden Mieten schlagen. Ein selbstverwaltetes Zentrum, für das Project Shelter seit 2014 kämpft, erfüllt diesen Zweck der Aufwertung nicht. Es wird von der Stadtregierung seit Jahren abgelehnt und auf die lange Bank geschoben. Dabei könnte ein Zentrum mit einem offenen Stadtteil-Café, Wohnmöglichkeiten, Beratungsangeboten, Deutschkursen und Veranstaltungen für viele Menschen in Frankfurt sehr wertvoll sein.
Die Stationen
Ein Haus für alle
Ein Freirraum für alle
Das Klapperfeld
Abschiebehaft und der Widerstand dagegen.
Ausländerbehörde
Der schwierige Weg zur Aufenthaltstitel und Arbeitserlaubnis
Arbeiten in Frankfurt
Der Kampf um Arbeitsrechte
Der Hauptbahnhof
Racial Profiling als ständiger Begleiter
Der Paradieshof
Kampf um ein selbstverwaltetes migrantisches Zentrum
Der Anschlag in Hanau
Gegen rassistischen Terror und das Vergessen
Das Bahnhofsviertel
Dreh- und Angelpunkt für migrantisches Leben
Mixtape Migration wird durch eure Spenden finanziert
Die Tour ist für alle kostenlos und ist für möglichst viele Menschen zugänglich. Gleichzeitig sind wir auf Spenden und Unterstützung angewiesen- wir wollen die Tour bekannter machen und in einem zweiten Schritt um weitere Themen und Stationen erweitern.
Das Projekt wird vom gemeinnützigen Verein turn the corner konzipiert, organisiert und durchgeführt. turn the corner setzt sich für eine Gesellschaft ein, in der wir gemeinsam und bewusst gestalten, wie wir selbstbestimmt leben und arbeiten wollen. Eine Gesellschaft, in der Menschen ohne Zwang verschieden sein können. Mehr über turn the corner erfahren.